Pullman Philip: Der Goldene Kompass, Das Magische Messer, Das Bernstein-Teleskop: Alle 3 Bände im Taschenbuchschuber
Wenn man einmal mit dem Lesen anfängt, wird man kaum aufhören können, bis die letzte der über 1300 Seiten durch sind. Wenn man den Film Der goldene Kompass gesehen hat, will man vieles besser verstehen und greift erst recht zum Buch.
Die Bücher bauen aufeinander auf und obwohl in den beiden ersten Bänden viele Geheimnisse gelüftet werden, so spart sich Philip Pullman die fantastisch-traurige Auflösung bis zum Schluß auf.
Der goldene Kompaß beginnt geheimnisvoll in einem Paralleluniversum, das dem unseren ähnelt und doch in der Ausprägung ziemlich verschieden ist.
Die junge Weise und Heldin Lyra wächst in einem Oxford College auf. Die Umgebung, Verhalten der Menschen, deren Kultur, usw. sind sehr vertraut und erinnern an ein relativ aufgeklärtes Mittelalter. Relativ aufgeklärt ist der springende Punkt, der die Geschichte überhaupt erst möglich macht. Warum sollte es denn in einem Paralleluniversum mit der Meinungsfreiheit besser bestellt sein als bei uns? Genau wie bei uns, werden auch hier das freie Denken verfolgt und die Verbreitung von unliebsamen Erkenntnissen wird durch eine Art kirchlicher Organisation massiv behindert.
Lyra hört aber vor allem auf ihren eigenen Kopf, bzw. ihren Daemon Pantalaimon. Sie findet immer wieder Hilfe bei Menschen, die meist ein wenig außerhalb der Gesellschaft stehen, sprechenden Tieren und Hexen.
Sie zieht nach Norden, beweist viel Mut und einen klaren Kopf, wobei ihr das Alethiometer (Ein kompliziertes Gerät, eben der goldene Kompaß, das auf alle Fragen eine Antwort hat, wenn man es zu lesen versteht.) sehr gute Dienste leistet.
Das Buch geht noch ein wenig weiter als der Film und deutet an, daß im nächsten Teil, weitere Universen eine wichtige Rolle spielen werden.
Das magische Messer fängt in unserem Oxford mit einem Jungen an, der viele Probleme am Hals hat. Will ist ebenfalls etwa 12 Jahre alt und möchte sich gerne besser um seine Mutter kümmern. Sein Vater ist verschwunden und Will macht sich auf, ihn zu suchen.
Nach seiner Flucht begegnet er Lyra und die beiden schließen Freundschaft. Sie trotzen sehr vielen Gefahren und Will erobert im Kampf das magische Messer, mit dessen Hilfe sie zwischen den Universen wechseln können.
Mary ist eine Physikerin, die früher eine Nonne war und an der Teilchenphysik arbeitet. Sie hilft Lyra, muß aber selbst verschwinden.
Will findet am Ende seinen Vater, verliert ihn aber gleich wieder. In diesem Zusammenhang sind einige wunderbare Szenen über Freundschaft, Treue, gegenseitige Hilfe, usw. beschrieben, wobei sich Pullman nicht scheut, auch wichtige Charaktere sterben zu lassen. Hier kommen dem Leser garantiert Tränen, sofern er dafür anfällig ist.
Weitere fantastische Gestalten wie Engel und Gespenster tauchen auf. Um die Namen zu verstehen, braucht man gelegentlich schon weitreichende Sprachkenntnisse, denn Pullman erklärt nicht alles. Bnei Elim bedeutet jedenfalls auf Hebräisch die Söhne Gottes, oder auch Söhne der Götter und Baruch heißt ebenfalls auf Hebräisch gesegnet.
Das Bernstein Teleskop beschreibt lange, was Mary nach ihrer Flucht tut. Sie findet sich in einem Land wieder, das stark an Gullivers Reisen zu den Pferden erinnert. Sie lernt ebenfalls ihre Sprache und erlebt einen recht glücklichen Lebensabschnitt bei ihnen.
Derweil ziehen Lyra mit Will in die Unterwelt, das sehr starke Anleihen bei Milton und Dante macht. Um hinzukommen, müssen sich die beiden von ihren Daemonen trennen, was sie letztendlich stärkt, obwohl es lange ungeheuer schmerzhaft ist. Ja, Selbsterkenntnis beim Erwachsennenwerden kann ganz schön weh tun.
Lyra und Will lösen die selbstgestellte Aufgabe mit letzter Kraft und verhelfen vielen Unglücklichen zu einem friedlichen Ende.
Lyras Eltern tun sich im letzten Moment zusammen und ermöglichen erst dadurch, den Sieg ihrer Tochter.
Wir treffen auf Gott, dessen Darstellung bei der Kirche garantiert nicht auf Gegenliebe stößt, so wie die ganze Trilogie von der Kirche vermutlich als subversiv angesehen wird. Wie war es mit der Meinungsfreiheit?
Das Ende ist sicher nicht jedermanns Sache, denn obwohl Lyra und Will siegen, müssen Sie dennoch ein großes persönliches Opfer bringen. Es ist kein reines Happy End, deshalb jedoch recht realistisch.
Fazit: Die Trilogie liest sich sehr schön, ist extrem unterhaltsam bis äußerst spannend und es regt zum nachdenken an, was am besten ist. Der erste Film ist nett anzuschauen, überaus unterhaltsam und sehr viel oberflächlicher.
Kürzlich las ich, daß es keine Fortsetzung nach dem ersten Film geben soll, weil kirchliche und religiöse Organisationen dagegen wetterten und wohl immer noch eine sehr starke Lobby haben. Dies ist für mich – im 21. Jahrhundert – vollkommen unbegreiflich, zumal die Kirche eigentlich erst in ihrem eigenen Hinterhof aufräumen sollte.